Kamera and Wirklichkeit

Was man als Fernsehkritiker schon immer zu sehen wünschte und nie zu sehen bekam: daß wenigstens gelegentlich der unaufhörliche Fluß der Bilder angehalten würde, um sie genau zu betrachten, darüber zu sprechen, sie analysieren, sie noch einmal ansehen. Durch die Bilder hindurchzusehen auf die Wirklichkeit, von der sie erzählen.

Kamera und Wirklichkeit, Rumänien 1989 ist der Titel eines dreistündigen Dokumentarfilms von Harun Farocki und Andrei Ujica, und er gehört zu den aufregendsten Produktionen, die in den letzten Monaten über den Bildschirm gelaufen sind. Aus 120 Livesendungen des rumänischen Fernsehens aus den Revolutionstagen vom Dezember 1989 sowie aus etwa ebensoviel Material von Videoamateuren und Kameraleuten der staatlichen rumänischen Filmstudios haben Farocki und Ujica die Chronik der Ereignisse zusammengestellt, sie in kleine Kapitel zerschnitten, mit überschriften versehen und dazu eine Runde von Medientheoretikern ins Studio gesetzt, um die Sequenzen zu bereden. [...]

Die Medientheoretiker der Diskussionsrunde (Friedrich Kittler, Bochum; Andrei Plesu, Bukarest; Manfred Schneider, Essen; Peter M. Spangenberg, Mannheim) tun dies ausführlich, detailliert und gelegentlich mit der geballten Eitelkeit der professionellen Durchblicker.

(Fritz Wolf, 1993)

Regie, Buch, Kommentar Harun Farocki, Andrei Ujica Mitwirkende im Studio Harun Farocki, Andrei Ujica, Andrei Plesu, Friedrich Kittler, Manfred Schneider, Peter M. Spangenberg Produktion SWF, Baden-Baden, in Zusammenarbeit mit der Harun Farocki Filmproduktion, Berlin, für arte, Straßburg Produzent Harun Farocki Redaktion Ebbo Demant Format Video-BetaSp, Farbe, 1:1,37 Länge 120 Min. (SWF-Fassung); 186 Min. (arte-Fassung) Erstsendung 07.12.1992, SWF 3; 22.12.1992, arte