Ein Tag im Leben der Endverbraucher

Der Titel mutet wie eine Paraphrase von Marcuse auf Solschenizyn an. Der Film, ausschließlich aus Werbespots zusammengesetzt, wiedergibt den Tagesablauf des BRD-Verbrauchertums. Der Autor bedient sich dabei nur des Schnitts und verzichtet auf jedweden Eigenkommentar. Einige Hundert Spots wurden ausgewählt, um die Archetypen des Alltags zu dokumentieren: vom Zähneputzen in der Früh bis hin zum nächtlichen Alptraum, vielleicht doch nicht ausreichend versichert zu sein. Entstanden ist so der wahrscheinlich teuerste Dokumentarfilm aller Zeiten.

Das Bildmaterial umfaßt die gesamte BRD-Existenz, daher ein gewisser nostalgischer Unterton. Vergnüglich-ironisch aber geht es allesamt zu. Mit Guten Morgen Deutschland! fängt es an, ganz im Stile des Wirtschaftswunders, und mit sandmännchenartigen High-Tech-Zitronen hört es auf, die uns mitteilen, im Morgengrauen werde das Land von Ufos besetzt. Die alte Republik ist zu Ende, die DDR innerhalb der Grenzen gelandet. Beabsichtigt ist jedoch keine Soziologie der Werbung. Zumindest nicht vordergründig. Wann, wie, was der Spot bei der Verbreitung von urbanem Geschmack und Umgangsformen in der Nachkriegszeit geleistet hat, ist nicht des Autors Hauptanliegen. Ein Tag im Leben des Endverbrauchers zieht vor allem einen Schlußstrich unter den Zeitgeist der 80er Jahre, als das "Kapital" vom Geld unterwandert wurde."

(Andrei Ujica)

Buch, Regie, Zusammenstellung Harun Farocki Assistenz Aysun Bademsoy, Michael Trabitzsch Mitarbeit Annabel Faroqhi, Elke Naters, Christian Petzold Video-Schnitt Max Reimann Produktion Harun Farocki Filmproduktion, Berlin für SWF, Baden-Baden und WDR, Köln Produzent Harun Farocki Produktionsleitung Aysun Bademsoy Redaktion Ebbo Demant Format Video-BetaSp, Farbe, s/w, 1:1,37 Länge 44 Min. Erstsendung 24.06.1993, ARD