H.F.: Vor fünf Jahren habe ich dir mal, mehr aus Quatsch, gesagt, der Unterschied zwischen Ostfernsehen und Westfernsehen ist daran zu erkennen, daß man im Osten die Bilder gegen den Himmel filmt und im Westen gegen die Erde. Später habe ich gesehen, daß das stimmt. Gibt es Kulturgrenzen? Sind diese Grenzen - was Sprache, Musik, Film angeht - gleich, oder sind sie völlig verschieden?
H.M.: Sie sind sicher sehr verschieden. Beim Film brauchst du mehr Geld, mehr Technik, und deswegen ist es da sicher am deutlichsten abzulesen, wenn es solche Unterschiede gibt. Also - kontrolliert hab ich das noch nicht, weil ich eigentlich nur im Westen ins Kino gehe.
Schuß-Gegenschuß ist eine so wichtige Sprachfigur, weil es damit die Möglichkeit gibt, Bilder, die sehr verschieden sind, hintereinander zu setzen; Kontinuität und Bruch, der Ablauf wird unterbrochen und setzt sich dennoch fort. Es ist die Erzählung, die weiter geht, die Aktion des ersten Bildes setzt sich als Reaktion im zweiten Bild fort, dies wirkt auf die erste Person im nunmehr dritten Bild zurück...
Das Arbeiten am Schneidetisch macht aus der Umgangssprache Schriftsprache. Die Bilder bekommen einen Aktendeckel, genannt Schnitt oder Montage. Am Schneidetisch wird aus dem Gestammel Rhetorik. Weil es diese rhetorische Artikulation gibt, ist der Diskurs ohne Artikulation im Schneideraum Gestammel. Am Drehort, da kann man die Kamera hierhin und dorthin stellen, das ist die Entscheidung von einer Minute, getroffen mit einem nachdenklich verzogenen Gesicht. Im Schneideraum wird dann eine Woche lang abgewogen, wohin dieses Ein- Minuten-Bild kommt.