Stadtbild

1945 lagen Deutschlands Städte in Trümmern. Die Zerstörungen waren so groß, daß die Zeit vor dem Krieg zu einer fernen Erinnerung wurde. Doch bald schon wurde es leicht und schön, an eine bessere Zukunft der Städte zu glauben. Die Trümmer boten eine Voraussetzung für ein radikal neues Bauen. So wurde Deutschland zum Wallfahrtsort der Architekturavantgarde aus aller Welt.

Der Blick auf die Reste der Architektur war eindeutig: das Alte war häßlich, stand für Unterdrückung, lächerliche Selbstdarstellung, Pomp und Kitsch. Das Ornament wurde zur Bausünde. In den sechziger Jahren hat sich das geändert. Sichtbares Zeichen: Das Buch Die gemordete Stadt von Elisabeth Niggemeyer und Wolf Jobst Ziegler. Das Buch argumentiert mit Bildern. Auf einmal erschien das Alte liebenswert, phantasievoll poetisch.

Das Neue, das war die Bild gewordene Trostlosigkeit: kubische Formen, Raster der Fassaden, die Steppe zwischen den Häusern. Eine Architektur, die sich dem Auge nicht mehr als Bild anbot. Die Bilder der alten Architektur waren bis dahin Anweisungen für den Abriß, Schadensfotos, Entlarvung der falschen Fassaden unserer Großväter. Nun wurden Bilder alter Häuser zur Aufforderung, sie zu bewahren und zu restaurieren.

Der Film von Harun Farocki versammelt Fotografien, läßt Architektur- und Stadthistoriker, Fotografen und einen Schriftsteller sprechen. Thema ist unser Verhältnis zu alter und neuer Architektur und die Wandlungen dieses Verhältnisses in der Nachkriegszeit, vorgeführt an Bildern der Architektur Berlins.

(WDR, Informationsblatt 1981)

Regie, Buch Harun Farocki Kamera Ingo Kratisch, Ronny Tanner Kamera-Assistenz Matthias von Gunten Ton Rolf Müller Schnitt Johannes Beringer Aufnahmeleitung Rosa Mercedes, Karl-Heinz Wegmann Produktion Harun Farocki Filmproduktion, Berlin-West, für WDR, Köln Format 16mm, Farbe, 1:1,37 Länge 44 Min. Erstsendung 10.09.1981, West 3