Harun Farockis Film Etwas wird sichtbar will nicht erklären, warum ein Krieg in einem so fernen Land einen Moment lang überspringen konnte auf die ganze westliche Welt. Er handelt von Distanzen, von Beziehungen zwischen. Er erklärt auch nicht, er erinnert nur daran, dass nie zuvor ein Krieg derart massiv gecovert wurde. Aber es wäre schon zuviel, zu sagen, dass die Bilder seinen Verlauf mitbestimmt hätten. Er zeigt die Nachwehen, die Kriegseffekte. Er kombiniert ein historisches Motiv mit einem romantischen. Vietnam und ein Liebespaar.
Wir sehen Leute in Berlin, heute, die gezeichnet sind von diesem Krieg. Die Trauer ist noch größer als die Enttäuschung. Die Zeiten nach der Revolution sind schwer. Wenn man zur Tagesordnung übergeht, wenn die reinen Kämpfer von gestern ihre Unschuld verlieren. Und nicht nur das. Noch den Sieg der anderen haben die mächtigen Verlierer zu nutzen gewusst. Die Sympathisanten geben sich auf ihrem ureigensten Gebiete geschlagen: Die Amerikaner in ihren Büchern haben den Gegner viel besser porträtiert als alle Sympathisanten mit ihrer Sympathie.
Die eine Seite und die andere kommen zu Wort. Zwischen den Dingen, den Menschen, den Ansichten, den Orten, zeigt sich etwas von selbst. Aber alle Distanzierung ändert nichts daran: Farockis Film ist ein Bekenntnis.
Die Spuren, die der Vietnamkrieg in denen hinterlassen hat, die damals hier gegen ihn kämpften, zeigt der Film: Der Krieg hat dieser Generation die Bilder verschlagen.
Und obendrein ist ihre Sprache noch heute bis ins Mark gezeichnet von analytischen Umständlichkeiten, mit denen man vor zehn Jahren kundtat, dass man auf der richtigen Seite stand und die richtigen Autoren gelesen hatte. Trotz allen Beteuerungen des Films, dass mit dem Ende des Krieges die Fronten und die einseitigen Wahrheiten verschwunden seien.
(Frieda Grafe, 1982)
Regie Harun Farocki Regie-Assistenz Ursula Lefkes Buch Harun Farocki Script Karl-Heinz Wegmann Kamera Ingo Kratisch 2. Kamera Rainer März, Peter Wirths Kamera-Assistenz Wolf-Dieter Fallert Schnitt Johannes Beringer
Ton Rolf Müller, Manfred Blank Mischung Gerhard Jensen Musik Markus Spies Darsteller Anna Mandel, Marcel Werner, Hanns Zischler, Inga Humpe, Bruno Ganz, Jeff Layton, Ronny Tanner, Hartmut Bitomsky, Rainer Homann, Olaf Scheuring, Michael Wagner, Elfriede Irrall, Ingrid Oppermann, Wilhelm Menne Sprecher Till Hagen Produktion Harun Farocki, Farocki Filmproduktion, Berlin-West, ZDF, Mainz Produktionsleitung Ulrich Ströhle Format 35mm, s/w, 1:1,37 Länge 114 Min. Uraufführung 24.01.1982, Saarbrücken (Max-Ophüls-Preis) Kinostart 26.02.1982, Berlin-West (Cinema Bundesallee) Erstsendung 05.09.1984, ZDF Erstverleih Basis Film-Verleih Auszeichnung Prädikat "Wertvoll"
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